Eröffnungsrede zur Aktion Standesamt in Kassel

Willkommen auf der Solidemo in Kassel zur bundesweiten Aktionswoche der Aktion Standesamt 2018 

Wir, die diesen Protest organisiert haben, freuen uns, dass ihr hier seid! Wir wünschen uns eine Atmosphäre, in der sich alle wohlfühlen können. Darum bitten wir euch respektvoll miteinander umzugehen und eure Grenzen und die anderer zu achten. Schreitet ein, wenn ihr unangenehme Situationen beobachtet und zögert nicht, bei Problemen um Hilfe zu bitten. Das Awarenessteam ist mit lila Westen gekennzeichnet und unterstützt euch gerne. Auch an die Ordnixe könnt ihr euchwenden.  Unser Dank geht an das AutonomeSchwulLesBiTrans*Queer+ Referat und das Autonome Referat für Frauen und Geschlechterpolitik.

Wir bitten euch auch, diese Demo nicht zum Werben zu verwenden. Verzichtet auf Banner von Parteien oder Organisationen.

Heute übergeben wir dem Standesamt gemeinsam Anträge auf Korrektur mancher Geschlechtseinträge. Dies ist kein Behördengang wie viele zuvor. Wir kommen mit Musik, Freundixen und einem solidarischen Haufen. Laut und bunt tragen wir mehr als nur unsere Anträge durch die Stadt.

Wir tragen Wut in uns. Wut darüber, dass der Staat viele Menschen verschweigt und unsichtbar macht.  

Er verweigert ihnen die Möglichkeit, ihr tatsächliches Geschlecht in den eigenen Ausweisdokumenten zu vermerken. Damit erwirkt er den Anschein, es gäbe nur Frauen und Männer. Schlimmer noch: allen anderen Geschlechtern erkennt er die Existenz ab. Wer die Erwartungen „Mann“ oder „Frau“ nicht erfüllt, steht außerhalb des Gesetzes. Doch dieses Gesetz regelt das Zusammenleben in unserer Gesellschaft.

Menschen, die sich jenseits der zwei populärsten Geschlechter identifizieren, erfahren jeden Tag, dass sie nicht passen. Sie passen nicht in das aktuelle Personenstandsgesetz. Sie passen nicht in die Herrentoilette. Sie passen nicht in Frauenräume. Sie passen nicht in Stellenangebote: „Mitarbeiter oder Mitarbeiterin gesucht“. Oft passen sie nichtmal in die Horizonte ihrer Eltern und Freundxe – oder gar in den eigenen Körper. Sie werden weggeschickt, ignoriert oder falsch einsortiert.

Und immer wieder beruft mensch sich dabei auf die geschriebenen Grundsätze unserer Gesellschaft.

So kann es nicht bleiben!

Wir wollen Gesetze, die den Menschen dienen. Sie sollten das Idealbild einer Gesellschaft zeichnen, in der alle frei und gleich an Rechten sind und die Würde dex Einzelnen unantastbar ist. Und wenn eins kurz innehält –

fällt auf, dass das längst selbstverständlich sein sollte.




Tristan Marie Biallas
für das Bündnis zur Aktion Standesamt in Kassel
am 10.10.2018